92.000 gesprochene Stichwörter

Sprechen – Zeitschrift für Sprechwissenschaft. Heft 50/2010, S. 30

Das Zentrum Sprache der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften hat am 22. Februar 2010 das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) der Öffentlichkeit vorgestellt.

Der gigantische Schatz von viereinhalb Millionen Wörtern kann, so der Leiter des Kolloquiums Wolfgang Klein, nur noch mit Hilfe des Rechners dargestellt werden.

Der Psycholinguist vom Max-Planck-Institut in Nijmegen/Niederlande begründete das mit der langen Bearbeitungszeit des Deutschen Wörterbuches der Brüder Grimm (1852 bis 1960), dem schnellen Veralten gedruckter Wörterbücher und der guten Ergänzbarkeit und Korrigierbarkeit von digitalisierten Stichwörtern.

Bestandteile des DWDS sind das Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache, das Etymologische Wörterbuch des Deutschen von Wolfgang Pfeifer, das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm, die Neubearbeitung der Buchstaben A bis F des Grimmschen Wörterbuches und 92.000 gesprochene Stichwörter.

Sprecherin ist die Sprecherzieherin Maren Böhm. Sogar Aussprachevarianten können per Mausklick gehört werden. Die Netzseite führte Alexander Geyken vor.

Fünf Millionen mal im Monat wird www.dwds.de seit 2004 aufgerufen. Es gibt bereits eine Version 2 beta.dwds.de mit der Standardansicht: Wörterbuch, Korpus 20. Jahrhundert, Statistische Informationen und Open-Thesaurus.

Das digitale System als Arbeitsplattform zu verwenden, forderte Hartmut Schmidt, der den Grimm nicht als Mumie behandelt sehen will.

Als einer der ältesten Mitarbeiter am Deutschen Wörterbuch seit den 1950er Jahren sieht er in der Digitalisierung eine grundsätzlich neue Lösung und Chance der Fortführung des Erbes.

Mit leiser Wehmut nahm er Abschied von der Grimmschen Methode des Lexikographierens. Er würdigte historische Daten der Wortforschung:

  • 1852 Die Buchstaben A bis F der Brüder Grimm
  • 1883 Etymologisches Wörterbuch von Friedrich Kluge
  • 1908 bis 1912: Zweite große Sammlung von 1,8 Millionen Belegen
  • 1929 bis 1950er Jahre: Tätigkeit der Arbeitsstelle; Sammlung der Gegenwart durch die Akademien in Berlin und Göttingen

Abschließend gab Wolfgang Klein einen Ausblick auf die Fertigstellung des Digitalen Wörterbuchs der deutschen Sprache durch die Berlin-Brandenburgische Akademie. Dabei blieb die Zeitplanung offen.

Nach der ersten Phase 2007 bis 2012 mit vier Mitarbeitern folgte die Angabe von zehn Mitarbeitern ab 2013. Eine neue Phase soll 2019 beginnen.

Klein nannte die Vorteile der Digitalisierung, die eine Vollendung des Werkes sichern: ständige Erweiterbarkeit, Entwicklungsmöglichkeiten bei der Bedeutungsbeschreibung und Beispielgebung durch Filmsequenzen.

Ziel ist alles zu erfassen, was über den deutschen Wortschatz gesagt werden kann ohne die Übersicht zu verlieren. Die Veranstaltung ließ das Bemühen erkennen, die Besorgnisse um das Deutsche Wörterbuch auszuräumen. Die Bereitschaft von Wolfgang Klein zur Zusammenarbeit mit allen Interessierten ist ein Angebot für alle Sprachfreunde.

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